Brasil Ride
Doch relativ kurzfristig entschieden sich Daniel und ich Mitte September den Brasil Ride zu fahren. Hierbei handelt es sich um ein sieben-tägiges Etappenrennen der ersten UCI Kategorie in der Nähe von Salvador. Im Vorhinein erkundigten wir uns bei Fahrerkollegen was wir zu erwarten hatten. Dabei kamen vor allem Stichwörter wie Hitze, Staub, Steine und manche sagten sogar, dass es härter als das Cape Epic sei. Wir wussten nicht so recht was wir davon halten sollten und flogen so relativ blank nach dem Ende der europäischen Saison nach Brasilien. Alleine die Anreise hatte es schon in sich. Der ewig lange Flug und dann noch eine 7-stündige Busfahrt zum Startort in Mucuge, irgendwo im nirgendwo. Dennoch die Organisation des Veranstalters auf dessen Einladung wir zum Rennen fuhren war von Beginn an einfach nur perfekt.
Als wir dann am Samstag vor dem Rennen das erste Mal auf die Prologstrecke fuhren war uns klar, dass die Woche hammerhart werden würde. Im Gegensatz zu Dani der das Fully fuhr hatte ich das Hardtail dabei und der Anblick des Prologs ließ Sorgenfalten auf meiner Stirn wachsen. Nur Steine, Steinplatten und sehr technische Passagen warteten dort auf uns. Dazu kam noch ein weiterer entscheidender Faktor des Rennens, die brütende Hitze die man als Europäer nicht mal im Hochsommer hat. Während der gesamten Zeit vor Ort waren 30Grad wohl das niedrigste das wir hatten.
Der Prolog startete für uns nicht nach Wunsch. Vor allem für mich war es auf dem Kurs extrem hart und so erreichten wir als sechste und mit 1:30min Rückstand das Ziel. Dennoch waren wir optimistisch für die nächsten Tage.
Die erste Etappe war auch die Königsetappe, 146km führte sie nach Rio de Contas. Wir wollten nicht lange warten und so attackierten wir nach gut 25km. Sofort konnten wir uns lösen und was dann folgte war eine 120km lange Soloflucht von Dani und mir. Mir kam es oft vor als würde ich gegen Dani trainieren gehen. Das Kriterium der Etappe war sicher der Vietnamtrail. Dabei quält man sich 1:15h durch trockenes Gestrüpp auf einem nur zum Teil fahrbaren Trail. Fahren, schieben fahren und dann noch die Hitze machten diesem Trail zur ersten echten Nagelprobe. Ich hatte aber wirklich einen super Tag und fuhr auch technisch sehr gut, somit kamen wir relativ flott durch den Trail. Bis zum letzten Berg lief auch alles nach Plan. Dann hatte Dani aber einen kleinen Einbruch und wir mussten Tempo herausnehmen. Von unseren 20min Vorsprung die wir hatten konnten wir aber immer noch 14min in das Ziel bringen. Somit waren wir ab sofort im Gelben Trikot.
Tag 3 brachte dann ein Cross Country Rennen bei welchem die Zeiten der beiden Fahrer zusammengerechnet werden. Ich hatte am Anfang mit schlimmen Sitzproblemen zu kämpfen die ich mir am Vortag zugezogen hatte und konnte deswegen nicht voll an mein Limit gehen und wurde Sechster. Dani schaffte als dritter aber eine super Leistung. In der Endabrechnung gewannen wir auch diese Etappe.
Tag vier war dann eigentlich eine kleine Kopie von Tag 2. Schnell zeigten wir den Gegnern wer der Chef ist und fuhren nach gut 10km alleine auf und davon. Wie harmonierten wieder sehr gut auch wenn wir im Kamikase Trail ein bisschen Zeit liegen ließen. Trotz der schlimmsten Hitze die ich jemals erlebt hatte konnten wir unser Tempo bis in das Ziel durchfahren und unseren dritten Etappensieg feiern. Somit hatten wir bereits 28min Vorsprung auf das zweite Team! Ab diesem Tag waren wir richtige Stars. Daheim wird mir das wahrscheinlich keiner glauben. Aber sobald wir vor die Hoteltür gingen schossen die Menschen Fotos mit uns und wollten Unterschriften ja sogar in das Hotelzimmer kamen sie schon um uns zu sehen.
Tag 5 des Rennens startete wie gewohnt. Bei Kilometer 5 fuhren wir alleine weg. Jedoch holte uns das zweite Team auf einer Sandpassage wieder ein, und komischer weiße war ab diesem Zeitpunkt alles wie verhext. Im kommenden Trail hatte ich einen platten Vorderradreifen. Leider mussten wir einen Schlauch einziehen und kurze Zeit später folgte gleich der zweite platte Reifen. Zwischenzeitlich hatten wir bereits 25min Rückstand auf die Spitze. Nach einem neuerlichen Reifendefekt und einer aufholjagt konnten wir den Rückstand aber auf 12min reduzieren. In der Gesamtwertung hatten wir aber immer noch 16min Vorsprung am Konto.
Was dann aber am sechsten Tag passierte war einfach unglaublich. Neuerlich fuhren wir nach dem Start alleine weg. Dann die erste Abfahrt und wieder platter Reifen. Nach der Reparatur folgte die Aufholjagd und kurze Zeit später waren wir wieder an der Spitze. Bei km 60 lösten sich dann aber all unsere Siegesträume im brasilianischen Staub auf. An Danis Reifen löste sich die Naht auf und wir konnten den Defekt einfach nicht beheben, das Loch war einfach zu groß. Sogar mit unseren Lizenzen die wir dabei hatten versuchten wir den Defekt zu beheben, leider ohne Erfolg. In der Technischen Zone zogen wir dann einen neuen Mantel auf und fuhren weiter. Wir gaben noch einmal alles und holten auch einige Teams ein, aber 10km vor dem Ziel berührte Dani am Asphalt mein Hinterrad und stürzte schwer. Zum Glück blieb Daniel heil aber das Rad war so zerstört, dass an ein weiterfahren nicht zu denken war. Ich fuhr noch in das Ziel um Hilfe zu holen aber natürlich waren wir aus dem Rennen.
Was vom Brasil Ride bleibt sind dennoch positive Erinnerungen und natürlich eine hochschaubahn der Gefühle. Ich denke ohne das riesige Pech das wir hatten wäre uns der Sieg nicht zu nehmen gewesen den wir waren den anderen physisch überlegen. Der Hype um unsere Peron war nach dem Ausscheiden noch größer als zuvor, irgendwie waren wir die tragischen Helden des Rennens. Wenn wir auf der Straße gingen riefen die Leute ,,Centurion centuiron“ Allen mussten wir versichern dass wir nächstes Jahr wieder kommen würden um für den Sieg zu fighten. Obwohl wir nicht gewonnen hatten haben wir die Herzen der brasilianischen Mountainbikeszene gewonnen.
Ein herzlicher Dank an Mario Roma für die Einladung zu diesem Perfekt Organisiertem Rennen das wirklich einen ganz besonderen Flair hat.
Bei mir geht es jetzt direkt in die Winterpause bevor in 3 Wochen wieder das Training für 2016 beginnt. Damit endet auch meine erste Saison bei Centurion Vaude und ich möchte mich bei meinem Team für alles bedanken. Dank all den Leuten kann ich mich perfekt auf den Sport konzentrieren. Ein riesen Dank auch an meinen Trainer Dieter Simon der sich das ganze Jahr den Kopf darüber zerbricht wie ich noch schneller werde und mir immer mit Rat und Tat zur Seite steht. Und der größte Dank gehört natürlich meinen Eltern ohne die ich nie so weit gekommen wäre und welche es mir ermöglichen, dass ich mich Zuhause perfekt auf mein Training konzentrieren kann.